Bezwinger der „Grünen Hölle“

Leutheuser-Mannschaft trotz Unfall beim 24h-Rennen erfolgreich

So sehen Sieger aus. Team Leutheuser mit Fanunterstützung. Foto/Bericht: Klaus Höhn
So sehen Sieger aus. Team Leutheuser mit Fanunterstützung. Foto/Bericht: Klaus Höhn

Nürburgring(kh)Die 47. Ausgabe des Langstreckenklassikers ADAC TOTAL 24h-Rennen verlangte allen Teilnehmern alles ab. Das erste freie Training am Donnerstag musste nach nur 53 Minuten wegen sintflutartigem Regen abgebrochen werden. Es folgten immer wieder heftige Schauer, die den Feiertag und das Sportliche vermiesten. Allerdings beruhigte sich das Wetter im Laufe des Nachmittags, so dass das Nachtqualifying unter guten Bedingungen ablief. Der folgende Freitag war zwar kühler, brachte aber für das vorentscheidende 2. Qualifying optimale Bedingungen. Das Bad Königshöfer Team LeutheuserRacing&Events, mit drei Fahrzeugen angetreten, ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Die GT4-Mannschaft mit Arne Hoffmeister, Florian Wolf, Manuel Amweg und Rudi Adams stellten ihren Boliden in der Addition der beiden Qualis auf P4 ab. Dabei loteten sie aus, was gegenüber den anderen acht Konkurrenten noch möglich ist. Dabei war Rudi Adams ein absoluter Gewinn für das Team. Mit seiner Schnelligkeit, Erfahrung und Kameradschaft, passte er auf Anhieb zum familiären Charakter der Leutheuser Truppe. Er konnte so auch wertvolle Typs zur Feinabstimmung des Set-Ups liefern. Gleich mit 12 Gegnern hatte es die Besatzung des M240i zu tun. Klaus-Dieter Frommer und Michael Hess vertraten die reife, erfahrene Generation, Mark Hellerich und Florian Naumann vertraten die Gilde der aufstrebenden jungen Fahrer. Diese Konstellation erwies sich im Rennen als sehr homogene Mannschaft. Im Quali beließen sie es mit P7. Das 1er M-Coupé war mit alten Bekannten besetzt. Harald Rettich, Fabrice Reicher und Richard Purtscher waren schon im letzten Jahr gesetzt. Uwe Legermann machte in diesem Jahr das Quartett komplett. Sie spulten im Quali ihre Pflichtrunden ab, denn sie kannten ja das Auto und die Strecke wie ihre Hosentasche. Als alte Routiniers wissen sie, dass man ein 24h-Rennen nicht im Training gewinnt, sondern wenn man als erster (in seiner Klasse) die Zielflagge sieht.
Der Renntag wartete mit Kaiserwetter auf, als wollte sich die Eifel für die Unbill des Donnerstags entschuldigen. Etwa 230.000 Zuschauer rund um die Strecke, (gefühlt waren es noch mehr) fieberten wie die Mannschaften dem Start entgegen. Die Startfahrer der Leutheuser-Mannschaft waren im GT4 Arne Hoffmeister, im 240i Florian Naumann und im 1er Harald Rettich. Die Devise lautete: „Im Startgetümmel zurückhalten und Anschluss halten, dann kompromisslos angreifen“!
Als die Strecke dann etwas ausgedünnt war, griffen die Leutheuser Boliden an.In packenden Zweikämpfen kämpften das Qartett Hoffmeister, Wolf, Amweg und Adams ihre Gegner nieder und fanden sich dann im Laufe des frühen Abends auf P4 wieder. Nach einer kurzen Verschnaufpause wurde die nächste Attacke eingeleitet, wobei am Ende P3 heraussprang. Diese Position galt es erstmal zu verteidigen. An die beiden Führenden war aus eigener Kraft nicht heranzukommen. Die beiden werksunterstützten Teams konnten sich den Luxus leisten, bei jedem(!) Fahrerwechsel einen Satz neuer Reifen aufzuziehen, was dann wieder einen Vorsprung von knapp 7 sec pro Runde ausmachte. Zunächst musste der Vorsprung vor dem Viertplatzierten gehalten werden. Als dieser mit technischen Problemen an die Box musste, drehte das Leutheuser Team nochmal richtig auf und erzielte einen beruhigenden Vorsprung von 3 3/4 Runden. Das sollte sich später noch als Glücksfall erweisen.
Das Team vom M 240i fuhr ein starkes, gleichmäßiges Rennen, nachdem klar war, dass man in die Phalanx der etablierten Cup-Autos nicht eindringen konnte. Wichtig war, das Halten von P6. So wurden die Runden unaufgeregt abgespult. Nur nach Mitternacht kam eine Schreckensmeldung herein, dass man Feindberührung hatte und einen Schlag auf das rechte Hinterrad bekommen hatte. Da sich das Auto aber wie vorher fahren ließ, wurde auf einen zusätzlichen Boxenstopp verzichtet. Beim nächsten Tankstopp wurde ein kaputtes hinteres rechtes Seitenteil festgestellt, von dem die Splitter während des Tankens entfernt wurden. Der Rest des Rennens verlief ruhig und das Team konnte am Schluss freudestrahlend P6 feiern.
Ein bisschen mehr Arbeit machte das M1er Coupé. Bereits in Runde 3 erschien das Auto an der Box mit zu hoher Wassertemperatur. Die Ursache war schnell ausgemacht: ein gerissener Keilriemen. Das trieb Christian Leutheuser die Sorgenfalten auf die Stirn, denn der Keilriemen war neu. Kurz nach ein Uhr in der Nacht wurde beim Boxenstopp eine angebrochene Frontschürze festgestellt. Kurzerhand kappte der Teamchef mit der Elektrosäge die abgesplitterten Teile, dann ging das Auto wieder auf die Strecke. In den frühen Morgenstunden erschien das Auto wieder mit zu hoher Wassertemperatur. Wieder war der Keilriemen gerissen. Nun wurde Ursachenforschung betrieben und man konnte eine gebrochene Spannrolle des Keilriemens lokalisieren. Schnell war der Schaden behoben und das Fahrzeug drehte bis zum Schluss souverän seine runden. P1 war das umjubelte Ergebnis.
Das Rennen war nun schon in der Endphase, als um 13.56 Uhr der Leutheuser Crew der Atem stockte. Im Fernsehen war mit anzusehen, wie bei 260 km/h am Ende der Döttinger Höhe beim GT4 die Motorhaube aufsprang und dem Fahrer jegliche Sicht nahm. Routiniert bremste dieser das Auto sanft ab, um die mit hoher Geschwindigkeit von hinten nahenden Teilnehmern nicht zu gefährden. Es wäre beinahe gut gegangen. Doch bevor es zum Stillstand kommen konnte, schlug das Auto an der Boxeneinfahrt auf den Fahrbahnteiler auf. Es konnte die Box aus eigener Kraft erreichen, gelotst durch den Teamchef persönlich, der den Blindflug durch Zurufen steuerte. An der Box zeigte die Leutheuser Mannschaft, dass sie zurecht zu einer der schnellsten in der Szene gehört. Angeführt vom Teamchef wurden alle losen Teile entfernt, verbogene fixiert, Haube und alle noch losen Karosserieteile ausgiebig mit Panzertape fixiert. Ein kunterbuntes Rennauto wurde nach einer Standzeit von 3 Runden wieder auf die Strecke geschickt. Jetzt zahlte sich der herausgefahrene Vorsprung voll aus. Mit einer dreiviertel Runde Vorsprung übernahm Arne Hoffmeister das Auto und konnte mit einem guten Vorsprung P3 ins Ziel retten. 


Auch im Gesamtklassement ging es bis zum Schluss heiß her. Nach vielen Führungswechseln im Lauf e des Rennens, kam es dann zu einem dramatischen Schlussspurt. Derführende Manthey Porsche mit Kevin Estre, Earl Bamber, Michael Christensen und Laurens Vanthoor, verpasste den möglichen Sieg durch eine Zeitstrafe von 5,32 sec. Diese hatten sie sich bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung bei doppelt geschwenkten gelben Flaggen eingehandelt. Strahlender Sieger  zum fünften Mal Phoenix  das Nachbarteam aus Meuspath mit Pierre Kaffer, Frank Stippler, Frédéric Vervisch und Dries Vanthoor, auf Audi R8 LMS. Maximilian Buhk, Hubert Haupt, Thomas Jäger und Luca Stolz im Black Falcon Mercedes AMG GT3 wurden als dritte abgewinkt.
Ein unschönes, grobes Foul leistete sich der Italiener Gabriele Piana im Black Falcon Mercedes, als er den DTM Fahrer René Rast bei weit über 200 km/h kompromisslos in die Wiese drückte. Dieser konnte unter größter Anstrengung das Auto abfangen und einen Horrorunfall vermeiden.
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Die 48. Ausgabe des ADAC TOTAL 24h-Rennen findet vom 21. – 24. Juni 2020 statt.